McAllister/Gahler: Strategischer Kompass macht Europa handlungsfähiger

21.03.2023

Europa wächst bei Sicherheit und Verteidigung weiter zusammen / Quantensprung für Handlungsfähigkeit durch flexiblere Handhabe von EU-Geldern / Ausbildungsmission für ukrainische Soldaten

Heute vor einem Jahr - am 21. März 2022 - haben die Außenminister der Europäischen Union den Strategischen Kompass unterzeichnet und damit gemeinsam das Ambitionsniveau der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik präzise definiert.

Bilanz nach einem Jahr ziehen:

David McAllister (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament:

„Der Strategische Kompass definiert 81 konkrete Maßnahmen mit dazugehörigen Fristen. Knapp 50 sollten bis Ende 2022 umgesetzt sein. Während ein rein statistischer Ansatz als Gradmesser kontraproduktiv ist, weil einige Projekte ein schrittweises Vorgehen erfordern, können knapp 30 Maßnahmen tatsächlich bereits in der Kategorie “erledigt“ verbucht werden. Ungefähr zehn weitere befinden sich auf der Zielgeraden. Ein Großteil dieser zielt darauf ab, eine zügige europäische Krisenreaktion sicherzustellen. Dieser Anspruch wurde im letzten Jahr durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auf eine harte Probe gestellt. Gemeinsam haben wir eine militärische Ausbildungsmission ins Leben gerufen, die Stand heute bereits 15.000 Ukrainische Soldaten an Waffen und Gerät ausgebildet hat. Mit einem ursprünglichen Finanzrahmen von 500 Millionen Euro für das Jahr 2022 wurde die Europäische Friedensfazilität flexibel aufgestockt, und hat bislang im Umfang von 3,6 Milliarden Euro erstmalig europäische Waffenlieferungen an ein Land unter Beschuss ermöglicht. Auch das ist ein deutlicher Beweis für den Quantensprung, den die Handlungsfähigkeit der EU im letzten Jahr absolviert hat.

Die Bilanz nach einem Jahr ist vielversprechend - und genau deswegen ist jetzt nicht der passende Zeitpunkt, um sich auf Vorschusslorbeeren auszuruhen. Wichtig ist und bleibt auch, dass die EU-27 die gemeinsame Bedrohungsanalyse, die dem Strategischen Kompass zugrunde liegt, regelmäßig überarbeiten. Damit sind die Mitgliedstaaten angehalten, ihre jeweiligen Sicherheitswahrnehmungen aufeinander abzustimmen. Denn was mit dem Strategischen Kompass seinen Ursprung in einem kleinsten gemeinsamen Nenner hat, soll mit der Zeit zu einem gemeinsamen Vielfachen - einem gemeinsamen Sicherheitsverständnis - werden.“


Michael Gahler (CDU), außenpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion:

„Der Strategische Kompass stellt eine wertvolle und Orientierung gebende Ergänzung zu den bestehenden verteidigungspolitischen Initiativen der EU wie der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO), des Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) als auch der Koordinierten Jährlichen Überprüfung der Verteidigung (CARD) dar. Diese Instrumente gilt es nun angesichts der größten Bedrohung unserer Sicherheit in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg vollumfänglich und zielgerichtet hin zu einer echten Europäischen Verteidigungsunion zu nutzen.

Der Strategische Kompass liefert hierfür wertvolle Elemente, wobei es entscheidend auf die Mitgliedsstaaten ankommt, diesen zum Erfolg zu führen. 80 Prozent der Verteidigungsgüter werden derzeit auf rein nationaler Basis angeschafft, während sich die Mitgliedstaaten bereits 2007 eine Zielmarke von mindestens 35 Prozent gemeinsamer Beschaffung gesetzt hatten. Nationale Beschaffung führt nicht nur zu höheren Stückpreisen, sondern schränkt auch die Interoperabilität zwischen europäischen Armeen ein. Deshalb bedarf es neben einem „mehr“ an Ausgaben, vor allem gemeinsamer Investitionen.

Unter dem Namen EDIRPA wird im Europäischen Parlament derzeit ein Instrument verhandelt, das genau hier Abhilfe schaffen soll, indem erstmalig mit Hilfe von EU-Geldern die Mitgliedstaaten zu gemeinsamer Beschaffung animiert werden sollen. Das von der Kommission vorgeschlagene Finanzvolumen von 500 Millionen Euro bleibt dabei deutlich hinter dem tatsächlichen Bedarf zurück, weshalb im Parlament auch intensiv über eine Erhöhung diskutiert wird. Nichtsdestotrotz ist EDIRPA ein historischer Schritt hin zu einer gemeinsamen europäischen Verteidigung.

Dieses Momentum gilt es, zu erhalten und weiter auszubauen. Der russische Angriff auf die Ukraine hat uns den desolaten Zustand der europäischen Streitkräfte nach 30 Jahren der Vernachlässigung deutlich vor Augen geführt. Ein ‘Weiter so‘ kann und darf es nicht mehr geben."

Für weitere Informationen:
David McAllister MdEP, Tel. +32 228 45130
Michael Gahler MdEP, Tel. +32 228 45977