Gieseke zum Verbrenneraus: Havanna-Effekt wird realistischer

28.10.2022

Unterhändler von Europaparlament und Mitgliedstaaten einigen sich auf Verkaufsverbot für PKW und leichte Nutzfahrzeuge mit Verbrennermotor ab 2035 / CDU und CSU hatten sich für Technologieoffenheit eingesetzt / EU folgt Prinzip: Alles auf eine Karte.

Die Unterhändler des Europäischen Parlaments haben sich gestern Abend im Trilog mit den Mitgliedstaaten auf ein Verkaufsverbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 geeinigt. Dazu erklärt Jens Gieseke (CDU), verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe und Verhandlungsführer für die EVP-Fraktion:

„Das Europa von heute ist anders als das Europa von vor eineinhalb Jahren, als wir mit der Fit-For-55 Klima-Gesetzgebung gestartet sind. Einen Realitätscheck hat es heute aber trotzdem nicht gegeben. Explodierende Energiepreise und enorme Versorgungsprobleme, insbesondere bei den für die Elektroautoproduktion kritischen Rohstoffen, haben bei der heutigen Entscheidung keine Rolle gespielt. Auch nicht, dass das immer wieder vorgebrachte Argument des langfristigen Preisvorteils von Elektroautos hinfällig geworden ist. Der perspektivische Wegfall staatlicher Förderung und hohe Strompreise drohen das Elektroauto zum Ladenhüter werden zu lassen. Ein Havanna-Effekt wird realistischer. Trotzdem wird nun die Tür für neue technologische Entwicklungen endgültig zugeschlagen. Man folgt lieber dem Prinzip: Alles auf eine Karte.

Die Linie von CDU und CSU war und ist klar: Die Emissionen im Verkehrssektor müssen runter. Deswegen haben wir das Ziel für 2030 und ein hohes Reduktionsziel für 2035 unterstützt. Aber ein vollständiges Verbot einer Technologie geht zu weit. Aus unserer Sicht hätte es eine freiwillige Regelung für klimaneutrale Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe geben müssen, um so die Technologieoffenheit und eine gewisse Flexibilität für die Hersteller zu bewahren.

Für unsere europäischen Produzenten wird die heute beschlossene Umstellung eine große Herausforderung. Insbesondere chinesische und amerikanische Hersteller stehen bereit, den europäischen Markt für Elektroautos zu übernehmen. Deshalb gilt nun umso mehr: Mehr Tempo beim Infrastrukturausbau und dafür sorgen, dass Emissionen nicht einfach nur verlagert werden - entweder in andere Sektoren oder gar in andere Regionen. Solange die Produktion des Fahrzeuges oder der Strom zum Laden nicht emissionsfrei ist, ist auch ein Elektroauto nicht klimaneutral.

Um in Zukunft die tatsächlichen Emissionen von Fahrzeugen realistischer betrachten und vergleichen zu können, soll eine Lebenszyklusanalyse eingeführt werden. Auf Drängen der EVP-Fraktion muss die Kommission nun dazu einen Vorschlag erarbeiten. Ob das Verbrennerverbot ab 2035 nun also tatsächlich Bestand hat, hängt daher auch stark von der Überprüfung im Jahr 2026 ab. Für viele Beschäftigte, die nun vor einer ungewissen Zukunft stehen, kann das aber nur ein schwacher Trost sein. Denn die Unternehmen werden sehr bald Entscheidungen über Stellenabbau oder Umstrukturierungen ihrer europäischen Produktionsstandorte treffen müssen.

Der von der FDP gefeierte Erwägungsgrund ändert nichts am Verbrennerverbot 2035. Dieser ist rechtlich nicht bindend und kann von der Kommission ebenso ignoriert werden. Lassen Sie es mich klar sagen: Synthetische Kraftstoffe werden in neuen PKW nicht eingesetzt werden können. Die Liberalen haben das Verbrennerverbot besiegelt, genauso wie SPD und Grüne. Die gesamte Bundesregierung hat das Verbrenneraus zu verantworten."

Für weitere Informationen:
Jens Gieseke MdEP: +32 228 45556