EU übernimmt Führungsrolle bei Vermeidung Plastikmüll

19.12.2018

Europaparlament und Mitgliedstaaten einigen sich auf neue EU-Richtlinie. Müllvermeidung und Ressourcenschonung sind die Kernelemente. Riesenchance für europäische Technologieführerschaft.

Zur Trilog-Einigung über die EU-Richtlinie zur Vermeidung von Plastikmüll sagte der Europaabgeordnete Karl-Heinz Florenz (CDU), Verhandlungsführer der EVP-Fraktion:

"Mit der neuen EU-Richtlinie machen wir nun in Europa den Anfang. Andere Wirtschaftsregionen wie Indien haben schon beschlossen mitzuziehen. Müll gehört nicht an den Strand oder in die Landschaft. Die Vermüllung der Weltmeere muss gestoppt werden. Es geht aber auch um eine ganz grundlegende Bewusstseinsänderung: Vermeintlicher Abfall bedeutet in Wirklichkeit oft wertvolle Rohstoffe. Ressourcenschonung und Wiederverwertung behält die Stoffe im Kreislauf, womit wir erhebliche Mengen an Rohmaterialen wie Erdöl sowie Energie für die Herstellung einsparen können. Wenn wir in Europa innovative ressourcenschonende Lösungen entwickeln, kommen wir weltweit in die Technologieführerschaft. Das ist eine Riesenchance für nachhaltiges Wachstum und Arbeitsplätze.

Haben wir den Rohstoffgedanken verinnerlicht, dann  werden wir es auch gar nicht als Verlust empfinden, dass wir nicht mehr an jeder Ecke den Coffee-to-go-Becher in die Hand bekommen. Europa handelt dort, wo wir gemeinsam mehr erreichen. Müllvermeidung und Rohstoffsicherung sind ein schönes Beispiel für echten europäischen Mehrwert. Jetzt sind die Mitgliedstaaten gefordert, die neuen Standards umzusetzen. Daran müssen wir alle gemeinsam arbeiten."

Hintergrund:
Überblick über die einzelnen Produkte

Verbote:
diese gelten grundsätzlich 2 Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie (d.h. voraussichtlich 2021), es sei denn, dies ist explizit anders vorgesehen
1. Wattestäbchen, ausgenommen Abstrichstäbchen für medizinische Verwendungszwecke
2. Besteck (Gabeln, Messer, Löffel, Essstäbchen (Chopsticks)
3. Teller
4. Trinkhalme, ausgenommen Strohhalme für medizinische Verwendungszwecke
5. Rührstäbchen
6. Luftballonstäbe, die zur Stabilisierung an den Ballons (ausgenommen Ballons für industrielle oder sonstige gewerbliche Verwendungszwecke und Anwendungen, die nicht an Verbraucher abgegeben werden) befestigt werden, inklusive der Halterungsmechanismen
7. Produkte aus oxo-abbaubarem Plastik (neu)
8. Getränkeverpackungen, Becher und Lebensmittelverpackungen aus aufgeschäumten Polystyrol, für Lebensmittel, die keiner weiteren Zubereitung bedürfen und unmittelbar vor Ort aus der Verpackung heraus verzehrt oder als Take-Away-Gericht mitgenommen werden (Beispiel Coffee-to-go Becher, Fastfood-Verpackungen) (neu)

Reduktionsziel:
Die Mitgliedstaaten müssen Maßnahmen ergreifen, um eine messbare quantitative Reduktion für folgende Produkte gegenüber dem Jahr 2022 bis zum Jahr 2026 zu erreichen:
1. Lebensmittelverpackungen, d. h. Behältnisse wie Boxen (mit oder ohne Deckel) für Lebensmittel, die keiner weiteren Zubereitung bedürfen und unmittelbar vor Ort aus der Verpackung heraus verzehrt oder als Take-Away-Gericht mitgenommen werden, wie Fast-Food-Verpackungen (ausgenommen Getränkebehälter), Teller sowie Tüten und Folienverpackungen (Wrappers) mit Lebensmittelinhalt
2. Trinkbecher (dies umfasst sämtliche Becher, die Plastik enthalten, d.h. auch die sogenannten Papierbecher, da diese bis auf ein neues Produkt alle eine dünne Plastikschicht enthalten)
Die Mitgliedstaaten müssen die Daten, die auf den Markt gebracht werden, sammeln und an die Kommission berichten, damit diese 2027 einen Bericht vorlegen kann, indem sie ggf ein EU weites Reduktionsziel vorschlägt

Verbindliche Ziele:
o Plastik-Getränkeflaschen aus PET müssen ab 2025 25% recycelten Anteil enthalten und sämtliche Plastikgetränkeflaschen ab 2030 einen Anteil von 30% (neu)
o Sammelziel für Getränkeflaschen aus Plastik von 77% ab 2025 und 90% ab 2029 und deren anschließendes Recycling

Kennzeichnung:
für folgende Produkte sollen Markierungen zu Entsorgungsempfehlungen / zu vermeidende Entsorgungsmethoden, negativen Umweltauswirkungen des achtlosen Wegwerfens, Kunststoff-gehalt und Recycelbarkeit des Artikels erfolgen. Ziel ist hier, die Verbraucher zu sensibilisieren:
1. Hygieneeinlagen (Binden) sowie Tampons mit Applikator
2. Feuchttücher
3. Tabakfilter (neu)
4. Trinkbecher (neu)

Luftballons: diese unterfallen weiterhin unter die Richtlinie; gestrichen wurde die Verpflichtung, die Markierung (wie diese zu entsorgen oder auch nicht zu entsorgen sind), aber sie unterfallen weiterhin unter die Erweiterte Herstellerkosten und damit die Aufräumkosten; verhindert wurde ein Verbot, Luftballons frei fliegen zu lassen

Zigaretten​: Hersteller von Zigarettenfiltern, die Plastik enthalten, unterfallen der erweiterten Herstellerverantwortung und müssen die Aufräumkosten hervorgerufen durch die Vermüllung von Zigarettenstummeln übernehmen. Ferner muss die Zigarettenverpackung eine Markierung tragen, dass Zigaretten nicht auf Straße geworfen werden dürfen

Erweiterte Herstellerverantwortung:
für sämtliche Produkte, die unter die Richtlinie fallen, gilt die erweiterte Herstellerverantwortung, dies bedeutet, dass die Hersteller unter anderem die Aufräumkosten durch die Vermüllung ihrer Produkte tragen müssen.

Für weitere Informationen: Karl-Heinz Florenz MdEP, Tel. +32 2 284 7320