Schneider/Liese: Keine Mehrheit für Gesetz zur Wiederherstellung der Natur

15.06.2023

Zurückweisungsantrag für Gesetz zur Wiederherstellung der Natur scheitert durch Stimmengleichstand knapp / Abstimmung nach fast vier Stunden unterbrochen /  deutliches Signal für ENVI-Schlussabstimmung und Plenarabstimmung

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes war heute zum Gesetzesvorschlag zur Wiederherstellung der Natur gespalten.

Durch Stimmengleichstand (44:44) wurde zunächst eine Mehrheit für die Zurückweisung des Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission verfehlt. Für die Zurückweisung wäre eine einfache Mehrheit nötig gewesen. Im Anschluss wurde der Berichtsentwurf im Einzelnen abgestimmt, auch hier war der Ausschuss weitestgehend gespalten. Die Abstimmung über den gesamten Berichtsentwurf musste dann noch vor der Schlussabstimmung aufgrund Zeitmangels verschoben werden. Sie wird voraussichtlich am 27.6. stattfinden.
Dazu erklären:

Christine Schneider (CDU), Berichterstatterin der EVP-Fraktion:
„Dies ist das denkbar knappste Ergebnis. Der Umweltausschuss ist gespalten und wäre beinahe dem Votum des Landwirtschaftsausschusses und des Fischereiausschusses gefolgt, die beide bereits mehrheitlich den Vorschlag zurückgewiesen haben. Die Endabstimmung steht noch aus, aber dieses Ergebnis ist jetzt schon eine Ohrfeige für die Kommission und Vizepräsident Timmermans. Es gab heute keine Mehrheit für diesen Bericht. Ein so knappes Ergebnis ist ein deutliches Signal für die Schlussabstimmung und die Plenarabstimmung. Es zeigt, dass unseren Bedenken und unsere Kritik von weiten Teilen des Umweltausschusses geteilt werden.

Das zum jetzigen Zeitpunkt vorliegende Teilergebnis ist ein reiner Flickenteppich, der in dieser Form aufgrund der mangelnden Konsistenz sinnlos und unbrauchbar ist.
Das dürfen wir, und vor allem die Kommission, nicht ignorieren. Jetzt wäre endgültig der Zeitpunkt für die Kommission, das Gesetz zurückzuziehen.

Die EVP unterstützt geschlossen die Ziele des Green Deal. Wir unterstützen aber keine Verbotspolitik, die zu einem Rückgang der land- und forstwirtschaftlichen Flächen führen wird und damit unsere Ernährungssicherheit gefährdet. Wir unterstützen keine Politik, die die Problematik der wachsenden Weltbevölkerung und des Klimawandels außer Acht lässt und unsere Ziel bei seltenen Rohstoffen und regenerativen Energien gefährdet. Um den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen können wir nur gemeinsam mit allen Beteiligten, mit den Land- und Fortwirten und mit allen Bürgerinnen und Bürgern erfolgreich sein."

Peter Liese (CDU), umwelt- und klimapolitischer Sprecher der EVP-Fraktion:
"Es gab keine heute Mehrheit für das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur. Der Umweltausschuss war völlig gespalten, die meisten Abstimmungen endeten 44:44.

Inhaltlich bleibt es dabei: viele Fragen können auch nach monatelangen Diskussionen nicht eindeutig beantwortet werden. Auf einem schwachen Fundament kann man kein gutes Haus bauen. Auf einer so schlechten Basis konnten wir auch keine soliden Kompromisse schließen.

Zudem müssen sich die Landwirte gerade mit der Umsetzung der Agrarreform auseinandersetzen. Vieles läuft noch nicht rund, so bekommen zum Beispiel die Landwirte, die Grünland bewirtschaften, weniger Geld als vor der Reform, obwohl Grünland sowohl für den Klimaschutz als auch für die Artenvielfalt besser ist als Ackerland. Wir müssen dieses Problem erst mal lösen, bevor wir überhaupt über neue Auflagen diskutieren können.

Das Gesetz steht in vielen Teilen dem Ausbau der erneuerbaren Energien und damit dem Klimaschutz und der Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen im Weg. Zwar gibt es gewisse Ausnahmeregeln für Windkraft und Fotovoltaik, aber es stellt sich die Frage, auf welchen Flächen dann überhaupt noch Nahrungsmittel produziert werden können. Dies ist vor allem relevant in einer Zeit, wo Nahrungsmittelpreise Treiber der Inflation sind und viele Menschen, etwa in Nordafrika, durch die Verschärfung der Nahrungsmittelkrise Hunger leiden. Auch gibt es keine Ausnahmeregelung für andere erneuerbaren Energien und Netze. Die Vorgabe, 25.000 Flusskilometer zu renaturieren, führt nach Ansicht der Verantwortlichen sogar dazu, dass bestehende Wasserkraftwerke abgebaut werden müssen.

Es ist leider nicht wahr, dass Klimaschutz und Biodiversität immer einfach unter einen Hut zu bringen sind. Manchmal muss man sich entscheiden und in Konfliktfällen bin ich davon überzeugt, dass wir uns für den Klimaschutz und für die Reduktion von fossilen Brennstoffen entscheiden müssen, d. h. eben auch für erneuerbare Energien und gegen andere vielleicht wünschenswerte, aber eben nicht so dringliche Ziele.

Dies ist nicht das Ende der Diskussion, die Schlussabstimmung im Umweltausschuss und die Plenarabstimmung stehen noch aus. Ich halte es für sehr gut möglich, dass wir den Vorschlag spätestens im Plenum ablehnen, so wie das der Fischerei und Agrarausschuss getan haben.“

Für weitere Informationen:
Christine Schneider MdEP: +33 3881 75791
Dr. Peter Liese MdEP: +33 3881 75791