Liese/Ehler: Großer Tag für den Klimaschutz: Dekarbonisierung heißt nicht Deindustrialisierung Europas

22.06.2022

Europaparlament beschließt Position zur Reform des Emissionshandels und neuem CO2-Grenzausgleichsmechanismus / Vervierfachung der Klimaschutzanstrengungen / realistischer Ansatz mit vernünftigen Übergangszeiten

Das Europäische Parlament hat sich heute zu den "Fit For 55"-Gesetzgebungsvorschlägen zum Emissionshandel und dem CO2-Grenzausgleichmechanismus positioniert. Dazu erklären

Peter Liese (CDU), umwelt- und klimapolitischer Sprecher der EVP-Fraktion und Berichterstatter des Europaparlaments für den Emissionshandel:

„Nach zweiwöchiger Verzögerung ist das heute ein großer Tag für den Klimaschutz. Mit dem beschlossenen Gesetzgebungspaket vervierfachen wir unsere Anstrengung. Während wir in den Jahren 1990 bis 2020 25% eingespart haben, wollen wir jetzt in nur acht Jahren weitere 30% einsparen. Dies geht nur, wenn alle Bereich der Wirtschaft von einem marktwirtschaftlichen Instrument erfasst sind. Derjenige, der die beste Idee hat, um CO2 zu sparen, soll damit Geld verdienen. Diejenigen, die denken, sie könnten alte Drecksschleudern immer weiterlaufen lassen, müssen den Druck spüren, um die notwendigen Veränderungen durchzuführen. Die Beschlüsse von heute halten eine gute Balance zwischen Ambitionen und Schutz unserer Arbeitsplätze. Überambitionierte Forderungen wurden aus dem Bericht herausgestrichen, aber wir wollen trotzdem deutlich mehr als die Europäische Kommission. Die Gesetzgebung zum Emissionshandel ist das Kernstück des "Fit For 55"-Klimapakets. Durch den Emissionshandel werden mehr als 25-mal so viel Emissionen eingespart wie durch die CO2 Grenzwerte für PKW und Vans. Wir werden damit unserer Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Enkelkindern gerecht und sichern gleichzeitig die Arbeitsplätze in Deutschland und Europa.

Erstmals ist auch der Seeverkehr in den Emissionshandel einbezogen. Diese Einbeziehung ist dringend notwendig. Schiffe hatten bisher keine europäische Klimaschutzregeln einzuhalten. Gut, dass sich das jetzt ändert. Für alle Unternehmen herrscht nun Wettbewerbsgleichheit. Im Gegensatz zum Kommissionsvorschlag haben wir auch Prozessemissionen aus der Industrie miteinbezogen, das heißt Wettbewerbsgleichheit auch für deutsche Gießereien und kunststoffverarbeitende Betriebe. Alles in allem bin ich mit dem Ergebnis zufrieden, auch wenn ich mir das Ergebnis zwei Wochen früher gewünscht hätte. Ich bin froh, dass der nun erreichte Kompromiss selbst von den Grünen unterstützt wird, auch wenn die tatsächlichen Änderungen im Vergleich zur Vorlage von vor zwei Wochen tatsächlich mehr Kosmetik waren."


Christian Ehler (CDU), industrie- und energiepolitischer Sprecher der EVP-Fraktion:

„Klimaschutz und Industriepolitik sind zwei Seiten derselben Medaille. Wir brauchen beides. Aber für die Transformation und den Erhalt der Arbeitsplätze braucht es die richtigen politischen Rahmenbedingungen. Dazu haben wir heute unseren Beitrag geleistet. Wir wollen Dekarbonisierung und keine Deindustrialisierung Europas. Wir haben uns im Rahmen der Verhandlungen für einen realistischeren Ansatz stark gemacht: So wird das Auslaufen der kostenlosen Zertifikate nur nach einer angemessenen Übergangszeit erfolgen. Wir wollen, dass der neue C02-Grenzausgleichsmechanismus an den Außengrenzen der EU europäische Unternehmen vor unlauterem Wettbewerb durch Klimaverschmutzer aus anderen Teilen der Welt schützt. Der neue Mechanismus muss aus unserer Sicht aber erst beweisen, dass er funktioniert. Zu Beginn im Jahre 2027, wenn noch nicht klar ist ob dieses neuartige Instrument überhaupt funktioniert, startet der Grenzausgleichsmechanismus langsamer. Wenn der Grenzausgleichmechanismus dann funktioniert, wird das Ambitionsniveau erhöht. Das ist ein Erfolg der EVP. Auch die Aufnahme kohlenstoffarmer Emissionen in den Modernisierungsfonds ist ein wichtiges Signal. Wir konnten hier eine Aufstockung von 2,5 % erreichen sowie die Beibehaltung der Formulierung zu Grenzregionen.

Inmitten des russischen Krieges in der Ukraine brauchen europäische Unternehmen "Luft zum Atmen" um die Transformation meistern zu können. Deshalb müssen andere geplante neue Regeln verschoben werden, die die Kosten für Unternehmen weiter unnötig erhöhen würden, wie zum Beispiel neue Regeln für Chemikalien. Die EU-Kommission muss prüfen, wie man Wirtschaft und Unternehmen in dieser entscheidenden Phase von zusätzlichen Belastungen befreien kann. Eine Kostenexplosion vor 2030 würde die Transformation nicht beschleunigen, sondern letztlich verhindern. Und es gilt eine Rezession zu vermeiden. Die Jahre 2022/23 sind die entscheidenden Jahre für Investitionen. Das passiert nicht über acht Jahre, sondern in den nächsten zwei Jahren. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass Brückentechnologien und technologische Flexibilität die Antworten sind. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass der Green Deal eine europäische Erfolgsgeschichte wird. Die Bemühungen Europas zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen müssen so konzipiert sein, dass sie Innovation und Sicherheit schaffen, die Wettbewerbsfähigkeit stärken und europäische Arbeitsplätze sowohl sichern als auch schaffen.“

Für weitere Information:
Dr. Peter Liese MdEP: +32 228 45981
Dr. Christian Ehler MdEP: +32 228 45325