Hohlmeier: EU-Rechnungshofbericht zeigt positiven Trend, aber Herausforderungen für Zukunft sind groß

19.01.2021

Einige seit Jahren ungelöste Problemstellungen / Corona-Krise erschwert auch Rückverfolgung der EU-Gelder / Ausreichende Ausstattung des Rechnungshofs notwendig

Zur gestern Abend erfolgten Vorstellung des Jahresberichtes 2019 des Europäischen Rechnungshofs im Europäischen Parlament, erklärt Monika Hohlmeier (CSU), Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses des Europarlaments:

„Der Bericht des Rechnungshofs bestätigt grundsätzlich den positiven Trend der letzten Jahre, weist jedoch auf gewisse, seit vielen Jahren ungelöste Problemstellungen hin. Die Ergebnisse zeigen, dass der Großteil der Fehler administrativer Natur ist. In einigen Mitgliedsstaaten bestehen weiterhin erhebliche Probleme mit der Validität der Daten, die dem Rechnungshof und der Kommission zur Verfügung gestellt werden.  Zudem werden Daten und Informationen verspätet, unvollständig, in unterschiedlichen oder nicht vergleichbaren Formaten übermittelt.

Im Jahr 2019 hat der Rechnungshof neun Verdachtsfälle an OLAF überwiesen, das in fünf dieser Fälle Ermittlungen aufgenommen hat. Auditoren sind keine Ermittler, aber sie können bei ihrer Arbeit auf verdächtige Vorgänge stoßen und tragen somit zur Aufdeckung von Betrug, Fehlallokationen und Tricksereien bei. Die Anwendung statistischer Methoden macht das Auffinden von systemischen Fehlern oder gar kriminellen Vorgängen jedoch zum Nebelstochern.

Die Weigerung der Mitgliedsstaaten eine Rückverfolgung europäischer Gelder digital zu ermöglichen erschwert die Arbeit des Rechnungshofs und der Kommission ungemein und ermöglicht den oft unentdeckten Missbrauch von EU-Fonds in erheblichem Maße. Ein solcher Mangel an Digitalisierung ist im 21. Jahrhundert nicht akzeptabel. Die europäische Haushaltsordnung ist vor diesem Hintergrund dringend überholungsbedürftig. Die Kommission muss schnellstens einen Vorschlag unterbreiten, um die Rückverfolgbarkeit von europäischen Geldern zu digitalisieren, standardisieren und vereinfachen, und einen verbindlichen Zeitplan für die Umsetzung vorlegen.

Für die Zukunft stehen die EU und der Rechnungshof vor großen Herausforderungen. Aufgrund der Coronakrise wird der Bericht für 2020 wesentlich schwieriger. Durch die Einschränkungen bei Prüfungen vor Ort wird es vermehrt Fernaudits geben, zudem wurden zu Beginn der Krise die Anforderungen an nationale Behörden und die Kommission bei der Auswahl von Stichproben und Berichterstattung für das Jahr 2020 über die Verausgabung von EU-Mitteln erheblich gelockert. Gleichzeitig haben wir durch die Corona-Hilfsmaßnahmen ein enorm vergrößertes Budget. Wo solche Summen in kurzer Zeit ausgegeben werden, steigt das Risiko für Betrug und Missbrauch überproportional mit. Daher muss dies auch mit verstärkter und digitalisierter europäischer Kontrolle einhergehen. Zudem muss sichergestellt werden, dass der Rechnungshof ausreichend ausgestattet ist, um seine erweiterte Aufgabe stemmen zu können.“

Hintergrund:
Der Jahresbericht des Europäischen Rechnungshofs liefert traditionell den Startschuss für das jährliche Haushaltsentlastungsverfahren, in dem das Parlament die Rechtmäßigkeit der Ausgaben der EU-Institutionen prüft. Der Bericht des Rechnungshofs wurde gestern Abend im Plenum des Europäischen Parlaments von Präsident Klaus-Heiner Lehne vorgestellt und debattiert.

Wie in den letzten Jahren schlussfolgert der Rechnungshof, dass die Jahresrechnung der EU die Finanzlage der Union wahrheitsgetreu wiedergibt. Bei den Einnahmen sind wie in den Vorjahren keine wesentlichen Fehler zu verzeichnen. Bei den Ausgaben musste der Hof, trotz positiven Entwicklungen, im Gegensatz zu den eingeschränkten Urteilen der letzten Jahre für 2019 ein versagtes Prüfurteil abgeben. Dies liegt an der Entwicklung der Zusammensetzung des EU-Haushalts. Aufgrund eines Anstiegs der Kohäsionszahlungen lag 2019 der Anteil der mit einem hohen Risiko verbunden Ausgaben in der Prüfungspopulation bei 53%. Für diese Ausgaben schätzt der Hof die Fehlerquote auf 4,9%, also deutlich über der Wesentlichkeitsschwelle von 2%. Damit liegt bei mehr als die Hälfte der Zahlungen eine Fehlerquote von über 2% vor, was gemäß internationaler Prüfstandards ein versagtes Prüfurteil erfordert. Die Gesamtfehlerquote beträgt für 2019 2,7%. In 2018 waren es 2,6%. Dieser minimale Anstieg ist statistisch kaum relevant.

Für weitere Informationen:
Monika Hohlmeier MdEP: +32 228 45191